Was Sie über die ortsübliche Vergleichsmiete wissen sollten

Jüngste Änderung – Ausweitung des Betrachtungszeitraums:

Zum 01.01.2020 wurde der Betrachtungszeitraum in § 558 Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete im BGB geändert. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist nun nicht mehr anhand der letzten vier, sondern der letzten sechs Jahre zu bestimmen.

Was soll die Änderung des Betrachtungszeitraums bewirken?

Durch diese Ausweitung des Betrachtungszeitraums werden mehr Mietverhältnisse in die ortsübliche Vergleichsmiete einbezogen. Kurzfristige Änderungen des Mietpreisniveaus werden sich geringer auf die Vergleichsmiete auswirken. In Wohnungsmietmärkten mit kontinuierlich steigenden Angebotsmieten ist dadurch eine Dämpfung des Mietpreisanstiegs zu erwarten. Für Gemeinden, in denen Mietspiegel bestehen oder in Vorbereitung sind, sieht der Entwurf eine Übergangsregelung vor, um die Fortgeltung von Mietspiegeln sicherzustellen und den Aufwand, der in die Erstellung der Mietspiegel geflossen ist, zu schützen.

Was ist überhaupt die ortsübliche Vergleichsmiete?

Die ortsübliche Vergleichsmiete ist in §558 (2) des BGB wie folgt definiert: „Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren (neu seit 01.01.2020) vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist“.

Sie ist der Maßstab für Mieterhöhungen im Bestand sowie zudem im Geltungsbereich der „Mietpreisbremse“ für die zulässige Neuvertragsmiete. Die präzise Ermittlung ist demnach für Vermieter im Geltungsbereich der Mietpreisbremse sehr bedeutsam. Abgebildet wird die ortsübliche Vergleichsmiete insbesondere in einem Mietspiegel – der jedoch bislang i.d.R. nur für größere Städte erstellt wird.

Die aktuelle Rechtslage unterscheidet zwischen dem “einfachen Mietspiegel” und dem “qualifizierten Mietspiegel”. Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. Liegt ein qualifizierter Mietspiegel vor, so wird vermutet, dass die enthaltenen Werte die ortsübliche Miete wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB).

Für München besteht ein anerkannter, qualifizierter Mietspiegel. Die aktuelle Version ist der Mietspiegel 2019. Auf der Internetseite der Stadt München steht ein kostenfreies Berechnungsprogramm zur Verfügung. Laien können sich bei Unsicherheiten auch beraten lassen.

Ortsübliche Vergleichsmiete ist nicht gleich Marktmiete

Unter Marktmiete ist jene Miete zu verstehen, die aufgrund der aktuellen Marktsituation erzielbar ist. Sie spiegelt somit die aktuelle Angebots- und Nachfragesituation der jeweiligen Teilmärkte wider.

Diese ist in der Regel höher als die ortsübliche „kurzperiodisch vergangenheitsorientierte“ Vergleichsmiete.

Die Kluft zwischen den beiden Mieten

Eine 2012 durchgeführte, bundesweite Untersuchung des Bundesinstitut für Bau- Stadt und Raumforschung (BBSR) für den Vergleich zwischen Angebotsmieten und Vergleichsmieten zeigte einen teils gravierenden Abstand zwischen den beiden Mieten auf. Die Unterschiede waren abhängig von der jeweiligen Marktsituation, also in teuren, von hoher Nachfrage geprägten Städten besonders groß.

Auswertungen von immowelt.de (PM vom 6.3.2015) ergaben, dass in einem Zeitraum von 5 Jahren (2009 bis 2014) in manchen Städten die Mietpreissteigerungen teils so erheblich waren, dass die Marktmiete mit der Vergleichsmiete kaum mehr zu tun hatte. Bei 6 deutschen Städten lag die Steigerung bei über 20%. Spitzenreiter war Berlin mit einer Steigerung von 48%, München lag mit 21% auf Platz 4.

Was wurde gegen den teils erheblichen Mieten-Anstieg unternommen?

2013: Mietrechtsreform in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten für die Senkung der Kappungsgrenze von 20% auf 15%. Hiernach durften die Länder Gebiete bestimmen, in denen die Miete innerhalb von 3 Jahren nur noch um maximal 15 Prozent steigen darf. In allen anderen Gebieten blieb es bei der Kappungsgrenze 20 Prozent. In Bayern gilt dies für München sowie seit August für weitere 89 Gemeinden des Freistaats.

2015: Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten: Die Mietpreisbremse tritt in Kraft, die Miete bei neu abgeschlossenen Mietverträgen darf höchstens 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen (in Bayern: Geltungsbereich München sowie 143 andere Gemeinden).

2015: Einführung des Bestellerprinzips bei Wohnraumanmietung. Der Auftraggeber (i.d.R. der Vermieter) zahlt fortan die Maklerprovision.

2019: In Bayern tritt die neue, nachgebesserte Mieterschutzverordnung in 162 bayerischen Städten und Gemeinden in Kraft (nachdem die alte 2017 für unwirksam erklärt wurde).

2020: Ausweitung des Betrachtungszeitraums der Vergleichsmiete.


(Quellen: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Verlaengerung_Betrachtung_Vergleichsmiete.html,
Sprengnetter / nachhaltig erzielbare Mieten, Swirley & Dickersbach / Die Bewertung von Wohnraummieten, BBSR-Wohnungsmarktbeobachtungssystem, wikipedia)